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Zuviel Kortisone im
Körper
Ursachen und Auswirkungen der
Cushing-Krankheit Lebendige Tierwelt, 3. Quartal
2003
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Viele Hundehalter stehen einer häufigen Behandlung mit
Kortisonpräparaten wegen der Nebenwirkungen zu Recht skeptisch
gegenüber, doch wissen nur wenige, dass auch Hunde diese Hormone
selbst im Körper bilden und an einer Überproduktion erkranken
können.
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Was sind Kortisone? Kortisone
sind ein allgemeiner Begriff für eine Gruppe von Hormonen, den
Glukokortikoiden, die zusammen mit anderen Steroidhormonen in der
Rinde der beiden Nebennieren gebildet werden. Diese sehr kleinen,
aber lebenswichtigen hormonbildenden Drüsen liegen - wie der Name
sagt - beiderseits der Nieren. Das wichtigste Hormon unter den
Glukokortikoiden ist das Kortisol, das lebenserhaltende Funktionen
im Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel erfüllt. Glukokortikoide
werden auch synthetisch hergestellt und aufgrund ihrer
entzündungshemmenden, antiallergischen und schockverhindernden
Wirkungen bei vielen Krankheiten als Medikamente eingesetzt. Durch
ihre entzündungshemmenden Wirkungen haben sie allerdings auch
Einfluss auf das körpereigene Abwehrsystem und erhöhen hierdurch die
Infektionsbereitschaft. Andere störende Nebenwirkungen sind
vermehrtes Wasserlassen, vermehrter Durst und Hunger.
Die
Produktion der Glukokortikoide im Körper unterliegt wie die vieler
weiterer Hormone einem Regelkreis. „Fühler“ messen den aktuellen
Blutspiegel. Sinkt dieser ab, erfolgt eine Rückmeldung an die
übergeordneten Kontrollzentren im Gehirn. Aus der Hirnanhangdrüse
(Hypophyse) wird dann das Hormon ACTH freigesetzt, das die
Nebennierenrinde zur Produktion von Glukokortikoiden anregt. Die
„Fühler“ registrieren den danach erhöhten Blutspiegel der
Glukokortikoide und bewirken, dass weniger ACTH ausgeschüttet und
somit die Hormonfreisetzung aus der Nebennierenrinde gedrosselt
wird. Dies bezeichnet man als negative Rückkopplung. Durch diesen
Regelkreis, der dem Thermostat-Prinzip einer modernen Heizungsanlage
mit dem Ziel der konstanten Raumtemperatur entspricht, wird ein
immer gleich bleibender Glukokortikoidspiegel im Körper
gewährleistet. Stresssituationen, wobei hierunter körperliche (z. B.
Krankheit, Schmerzen) wie seelische Belastungen (z. B. Aufregung,
Angst) zu verstehen sind, führen jedoch vorübergehend zu einer
verstärkten Freisetzung dieser Hormone, da deren Wirkungen der
Stressbewältigung dienen.
Eine beim Hund recht häufig
vorkommende Störung dieses hormonellen Gleichgewichts ist die
Überfunktion der Nebennierenrinde, der Hyperadrenokortizismus, nach
dem Arzt Harvey Cushing auch Cushing-Krankheit genannt. Wegen der
vielfältigen Wirkungen des erhöhten Kortisolspiegels im Blut können
viele Krankheitssymptome entstehen. Man spricht daher auch vom
Cushing-Syndrom.
Gestörte Steuerung der
Hormonproduktion 1. Die Überfunktion der
Nebennierenrinde wird beim Hund in etwa 85% der Fälle durch eine
übermäßige Produktion von ACTH verursacht. Hier liegt meist ein
gutartiger Tumor in der Hypophyse vor. Die Zellen, die ACTH
produzieren, sind dadurch nicht mehr empfänglich für die
Rückmeldungen über die Höhe des Glukokortikoidspiegels. Die
ungedrosselte ACTH-Freisetzung stimuliert die Nebennierenrinden
dauerhaft mit der Folge einer ständigen Überproduktion von
Glukokortikoiden.
2. Eine wesentlich seltenere Ursache ist
ein Tumor in der Nebennierenrinde (in ca. 15% der Fälle), der von
sich aus permanent zuviel Glukokortikoide bildet, unabhängig vom
ACTH aus der Hypophyse. Bei dieser Form produziert nur die
Nebenniere mit dem Tumor zuviel Glukokortikoide, die negative
Rückkopplung zur Hypophyse bleibt erhalten, die andere Nebenniere
ohne Tumor ist klein.
3. In hoher Dosis und/oder über lange
Zeit zur Behandlung von Erkrankungen verabreichte Kortisonpräparate
können ebenfalls ein Cushing-Syndrom auslösen. Das Gleiche gilt für
weibliche Hormone, die zur Läufigkeitsunterdrückung verabreicht
werden. |
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Abb. 1: Haarausfall durch Hyperadrenokortizismus |
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Abb. 2:Cushing-Syndrom bei einem
Weimaraner: Haarausfall, Muskelschwund mit Hängebauch, Entzündung
der Haut |
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Symptomreiches
Krankheitsbild
Die Überfunktion der Nebennierenrinde
tritt meist bei Hunden mittleren bis hohen Alters auf. Es erkranken
bevorzugt Tiere kleinerer Rassen, wie beispielsweise Terrier,
Chihuahua, Pudel, Teckel, doch findet sich das Cushing-Syndrom auch
bei großwüchsigen Hunden. Der Schweregrad der Erkrankung und die
vielfältigen Krankheitszeichen sind vom Ausmaß der
Hormonüberproduktion abhängig. So gibt es Hunde mit einem milden
Hyperadrenokortizismus, die nur wenige Symptome aufweisen, wie z. B.
schütteres Haarkleid und wiederkehrende Hautentzündungen (Abb. 1).
Im Gegensatz dazu ist das Vollbild des Cushing-Syndroms durch
folgende Symptome geprägt:
- vermehrtes Wasserlassen und erhöhte Trinkmenge
- Fresssucht
- Leistungsschwäche, Müdigkeit, Lethargie
- Hängebauch, Muskelschwund, Stammfettsucht (Abb. 2)
- Lebervergrößerung
- ausbleibende Läufigkeiten bei der Hündin
- erhöhter Blutzuckerspiegel
Darüber hinaus können sich
vielfältige Veränderungen an der Haut zeigen:
- Haarausfall bis Kahlheit im Bereich des Körperstamms, während
Kopf und Gliedmaßen behaart bleiben
- sehr dünne, trockene Haut (dadurch häufig Juckreiz)
- durch die dünne Haut sichtbare Blutgefäße, meist am Bauch und
der Innenseite der Oberschenkel (Abb. 3)
- eitrige Hautentzündungen mit Pusteln (dadurch häufig Juckreiz)
- Komedone (schwarze Mitesser, oft in der Bauchhaut)
- Verkalkungen der Haut (Abb. 4)
Durch die
Beeinträchtigung der Immunabwehr können als Begleiterkrankungen die
durch die Demodex-Hautmilbe verursachte Demodikose (ansonsten bei
jungen Hunden auftretende Hauterkrankung) und Hautpilzinfektionen
entstehen. |
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Abb. 3: Dünne Bauchhaut mit
durchscheinenden Gefäßen und Pigmentstörungen |
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Abb. 4: Kalkplatte in der Haut
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Spezifischer Test
zur Diagnose Verdacht auf ein Cushing-Syndrom besteht,
wenn bei einem Hund mit den beschriebenen Symptomen die
Blutuntersuchung erhöhte Leber- und Blutfettwerte, erniedrigte
Schilddrüsenwerte sowie einen erhöhten Nüchtern-Blutzuckerwert
ergibt. Zur exakten Diagnose muss ein Funktionstest der
Nebennierenrinden durchgeführt werden. Mit ihm lässt sich prüfen, ob
der Regelkreis der Glukokortikoidproduktion funktioniert. Der Test
mit der sichersten Aussage ist der sog. Dexamethason-Hemmtest. Zur
Testdurchführung wird dem Hund morgens Blut entnommen und sofort
anschließend eine sehr geringe Menge Dexamethason, ein synthetisch
hergestelltes Glukokortikoid, in die Vene injiziert. Die nächsten
beiden Blutentnahmen erfolgen jeweils nach vier Stunden. In allen
gewonnenen Blutproben wird das körpereigene Kortisol bestimmt. Beim
gesunden Hund kommt es zu einem deutlichen Absinken des
Kortisolwerts, da das Dexamethason über die negative Rückkopplung
(siehe oben) die Kortisolproduktion reduziert. Zuvor verabreichte
Kortisonpräparate können die Ergebnisse der Teste über längere Zeit
verfälschen. |
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Haarausfall und
schütterem Fell ohne ... |
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... und mit
medikamentöser Behandlung |
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Behandlungsmöglichkeiten Wie
erwähnt, wird beim Hund das Cushing-Syndrom in den meisten Fällen
durch einen gutartigen Tumor der Hypophyse verursacht. Die beim
Menschen in diesen Fällen übliche Operation an der Hypophyse gehört
beim Hund nicht zur Standardtherapie, da sie sehr kompliziert ist.
In der Universitätsklinik in Utrecht, Niederlande, wird sie jedoch
schon bei ausgesuchten Fällen durchgeführt. Auch die Entfernung
einer tumorbehafteten Nebenniere bleibt spezialisierten Tierärzten
vorbehalten.
Die konventionelle Therapie der
Nebennierenrindenüberfunktion erfolgt mit Medikamenten, die entweder
die Nebennierenrinde verkleinern und dadurch zu einem Absinken der
Hormonkonzentration führen oder den Hormonaufbau blockieren. Sie
müssen lebenslang kontrolliert verabreicht werden. Nach einer zwei-
bis dreiwöchigen Einleitungsphase erfolgt je nach Krankheitsbild und
dem Ergebnis eines anderen Funktionstests (ACTH-Test) individuell
eine Verminderung oder Erhöhung der Tablettendosis. Mit dem
ACTH-Test, der über eine Stunde mit zwei Blutentnahmen geht, wird
geprüft, wie viel Kortisol die Nebennierenrinde noch produziert. Das
Ziel der Therapie ist, die übermäßige Kortisolproduktion zwar zu
reduzieren, dem Hund jedoch noch genügend lebenswichtiges Kortisol
zu erhalten. Die Dosierung des Medikaments muss ab und zu nach oben
oder unten angepasst werden. Hierzu sind je nach der Symptomatik des
Hundes drei bis vier ACTH-Teste im Jahr nötig. Zur besseren
Kontrolle sollte neben dem Kortisol auch das körpereigene ACTH
gemessen werden.
Bei sorgfältiger Überwachung des Hundes -
durch den über die Erkrankung aufgeklärten Hundehalter und den
begleitenden Tierarzt - ist es in vielen Fällen möglich, einem Hund
mit dieser schwerwiegenden Erkrankung noch viele Jahre ein
beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. |
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